Jeder Deutsche besitzt im Schnitt mehr als ein Fahrrad. Das bedeutet, dass alleine in den Schuppen und Kellern von Falkensee an die 60.000 Räder stehen. Sie drängen zunehmend auf die Straße. Doch im Alltagsverkehr werden die Radfahrer noch immer zwischen den Autos aufgerieben. Gerade in Falkensee ist das Radnetz äußerst löchrig gestrickt, was die Sicherheit nicht gerade erhöht.
Aus diesem Grund setzt sich der „Ortsverband Falkensee“ des „Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs“ (ADFC, www.brandenburg.adfc.de) vehement für eine Verbesserung der Lage ein. Im Mai 2010 wurde der Ortsverband gegründet, die 10-jährige Jubiläumssause wurde Corona-bedingt am 12. Juni auf dem Campusplatz nachgeholt.
Die Teilnehmer fuhren zunächst mit dem Rad eine „Critical Mass“ durch den Ort. 50 Personen fanden sich anschließend auf dem Campusgelände zu einer Demo mit Wortbeiträgen ein. Das Motto zwinkerte in die Zukunft: „Falkensee – fahrradfreundlichste Stadt Europas 2030?“
Zu den Teilnehmern gehörte auch Gründungsmitglied Ursula Nonnemacher, inzwischen Brandenburgs Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz. Sie erinnerte sich: „Der ADFC Ortsverband Falkensee wurde am 20. Mai 2010 gegründet – im Grünen Büro. Zu der Zeit waren wir sehr frustriert, weil in Falkensee so wenig in Sachen Fahrradfreundlichkeit voran ging – selbst Fahrradständer am Bahnhof gab es nicht. Wir wussten: Wir brauchen eine Fahrradlobby, wir müssen stärker auftreten. Kurz nach der Gründung des Ortsverbandes gab es dann bereits den ersten Erfolg: Der Bahnhof Segefeld bekam Fahrradständer.“
Auch Ortsverband-Senior Joe Knarr erinnerte sich: „Damals vor zehn Jahren sagte der Bürgermeister: Erst einmal müssen wir die Infrastruktur für die Autos fertigstellen, dann kommt das Rad an die Reihe. Ich habe das Gefühl, darauf warten wir noch immer. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und den Stadtverordneten war damals nicht besonders gut. Ich dachte immer, die wollen uns doch nur abwimmeln. So wollten wir den Radweg vor dem Hellweg Baumarkt gern rot markieren, damit die Autofahrer ihn besser wahrnehmen. Da hieß es, nein, das geht nicht, rote Farbe ist zu teuer.“
Uwe Kaufmann, Sprecher des ADFC Falkensee, wies auf die Erfolge hin, die sich in zehn Jahren Ortsgruppe erstreiten ließen: „Dass wir mit Thomas Zylla inzwischen einen Fahrradbeauftragten in Falkensee haben, ist super. Wir arbeiten konstruktiv zusammen und treffen uns alle drei Monate. Die Stadt Falkensee ist auf unseren Vorschlag hin sogar der ‚AG Fahrradfreundliche Kommunen‘ beigetreten. Sehr gut war für unser Image war natürlich auch das Stadtradeln im letzten Jahr. Hier haben die Falkenseer über 100.000 Kilometer erradelt.“
Im Verlauf der Veranstaltung wurde es dann aber zunehmend kritischer. Der „Ortsverband Falkensee“ des ADFC monierte das wenig erbauliche Tempo beim Ausbau des innerstädtischen Radnetzes. Uwe Kaufmann bekam viel Applaus für diesen Satz: „Ein Radverkehrskonzept muss jetzt endlich her. Und wir brauchen nicht nur ein Konzept, sondern auch einen echten Umsetzungsplan.“ Konkret forderte er: „Der Masterplan Anliegerstraßen wird knallhart durchgezogen. Diese Energie brauchen wir jetzt auch für die Radfahrer.“
Julia Concu (Die Grünen), Vorsitzende der Falkenseer Stadtverordnetenversammlung, äußerte sich am Rande der Veranstaltung ganz persönlich: „Dass der Anliegerstraßenbau in Falkensee ohne einen Fahrradweg durchgeführt wurde, war ein Fehler. Dass die Autos Radfahrer auf der Straße nur mit 1,5 Metern Abstand überholen dürfen, ist leider auch vielen noch nicht bekannt. Diese Regelung ist aber auch sehr gefährlich im Verkehr. Da fühle ich mich auch als Radfahrer nicht wirklich sicher. Mit dem Fahrrad von Falkensee nach Dallgow zum Havelpark – da tut mir jeder Radfahrer Leid, der sich das antun möchte. Poller fände ich super, um eine geschützte Radfahrstrecke abzustecken. Ich würde deutlich mehr Strecken mit dem Rad fahren, wenn es so ein Sicherheitskonzept in Falkensee geben würde. Die Hansastraße und die Falkenhagener Straße sind für mich die schlimmsten Straßen im Ort, wenn ich mit dem Rad unterwegs bin. Ausgerechnet vor dem Rathaus befindet sich eine der gefährlichsten Stellen für Radfahrer.“
Thomas Zylla sieht als Fahrradbeauftragter der Stadt Falkensee vor allem eine große Problematik darin, die aus Falkensee herausführenden Straßen mit eigenen Fahrradwegen zu bestücken: „Schön wäre es, wenn die Potsdamer Straße zum Havelpark hin eine separate Fahrradspur bekäme. Aber ich kann den vorhandenen Verkehrsraum leider nur einmal vergeben. Und: Wir haben auch noch erhebliche Defizite im Fußgängernetz.“
Jenniffer Wydra, Fahrradbeauftragte des Landkreises Havelland, konnte leider nicht kommen. Dafür sprach ihr Vorgesetzter, Referatsleiter Jan Nickelsen: „Wir haben im Havelland bereits 2010 ein Radkonzept erstellt, allerdings eher unter dem touristischen Blickwinkel. Der Alltags- und Freizeitverkehr muss noch in einem ergänzenden Konzept nachgetragen werden. Wir fragen die Orte aber bereits: Was habt ihr vor? Aus Falkensee, Brieselang und Rathenow kommen Antworten. Wir vom Landkreis Havelland möchten in jedem Jahr eine Straße mit einem zusätzlichen Radweg ausstatten. Für 2021 haben wir so etwa eine fünf Kilometer lange Verbindungsstraße zwischen Tremmen und Wachow im Auge.“
Lennart Meyer vom Jugendbeirat, wünscht sich, dass die Stadt Falkensee zwei Lastenräder anschafft, die sich die Bürger dann ausleihen dürfen: „Es wäre schön, wenn die Bürger dann feststellen, dass sie Besorgungen auch mit dem Lastenrad durchführen können – um ihr Auto in der Folge vielleicht sogar ganz abschaffen.“
Thomas Zylla nutzte die Gelegenheit, auf das diesjährige Stadtradeln hinzuweisen: „Das Stadtradeln beginnt am 17. August und endet 21 Tage später am 6. September. Ich bin mir sicher, dass auch die Stadtverwaltung wieder ein eigenes Team auf die Beine stellt.“
Julia Concu wird auch wieder zu einer Radtour der Stadtverordneten einladen. Hier steht ein genauer Termin aber noch nicht fest, angedacht ist Ende August. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 172 (6/2020).
Der Beitrag 10 Jahre ADFC Ortsverband Falkensee: Demo auf dem Campusplatz! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.