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Channel: Seite 47 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Christina B. Müller (Falkensee), Gebärdensprachdolmetscherin: Schau auf meine Finger!

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dolmetschChristina B. Müller (36) hat einen ungewöhnlichen Beruf. Sie ist staatlich geprüfte Gebärdensprachdolmetscherin. Ihr Studium hat die vor drei Jahren aus Berlin-Pankow zugezogene Falkenseerin, die eigentlich gebürtige Pfälzerin ist, in Frankfurt am Main absolviert. Nach zwei Jahren bestand sie ihre Prüfung und ist seitdem „Dolmetscherin für Deutsch und deutsche Gebärdensprache“.

Sie sagt: „In ganz Deutschland gibt es nur 400 Gebärdensprachdolmetscher, in Berlin sind es gerade einmal 60. Wenn man bedenkt, dass allein in Berlin 6.000 Gehörlose wohnen, dann kann man schon ganz gut abschätzen, was für ein großer Mangel in unserem Berufsstand herrscht.“

Christina B. Müller wird vor allem in Berlin gebucht, ist aber auch in Brandenburg viel unterwegs, um sich mit dem Gehörlosen für den anstehenden Auftrag zu treffen. Übrigens ist es kein Problem mehr, wenn man die Gehörlosen als Taube bezeichnet. Das Wort hat anscheinend keinen negativen Beigeschmack mehr.

Die Frage ist nun natürlich: Wann wird eine Gebärdensprachdolmetscherin eigentlich benötigt? Die Antwort liegt auf der Hand: Immer dann, wenn die Kommunikation zwischen den Gehörlosen und den Hörenden funktionieren muss und besonders wichtig ist. Das kann bei Behördengängen, bei Bewerbungen in einer Firma, bei Mitarbeitergesprächen oder bei einer Tagung oder Weiterbildung der Fall sein. Auch im Uni- oder Hochschulbereich fallen viele Termine an. Es ist übrigens auch möglich, die Dolmetscherin im privaten Bereich zu beauftragen. Bei Familienfesten, Hochzeiten, Einschulungen oder Elternabenden muss schließlich auch kommuniziert werden.

Christina B. Müller: „Wichtig ist mir, dass ich nicht ins kalte Wasser geworfen werde. Soll ich etwa bei einem Bewerbungsgespräch dolmetschen, so ist es sinnvoll, sich vorher erst einmal kennenzulernen und auszutauschen. So kann ich dann im Gespräch viel zielorientierter reagieren und mich besser auf die Beteiligten einstimmen.“

Die Kosten für die Dolmetscherin werden einer klaren Regelung folgend übernommen. Für alle Gespräche beim Arzt kommt etwa die Krankenkasse auf. Für die Dolmetscherdienste in Angelegenheiten, die den Beruf betreffen, steht das Jobcenter in der Pflicht – insofern die tauben Personen arbeitslos gemeldet sind. Ansonsten gibt es einen Zuschuss für den Arbeitgeber vom Integrationsamt. Nur bei allen rein privaten Aufträgen müssen die Gehörlosen selbst in die Tasche greifen.

Übrigens: Die Gelder, die dann von offizieller Stelle für die Bezahlung der Gebärdensprachdolmetscherin aufgewendet werden, stammen aus dem Integrationsausgleichstopf, in den große Firmen einzahlen müssen, die keine behinderten Mitarbeiter beschäftigen.

Christina B. Müller hat übrigens auch direkt in Falkensee zu tun. Auch bei uns in der Gartenstadt leben gehörlose Menschen, die sich bestens in der Gebärdensprache ausdrücken können: „Das ist für mich natürlich sehr schön, da ich dann auch einmal mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren kann. Ansonsten muss ich ja oft genug bis nach Hellersdorf, Oranienburg oder Kreuzberg fahren.“

Eins ist auch klar: Als Gebärdensprachdolmetscherin lernt man nie aus. Jede Sprache lebt, viele Dinge erhalten eine eigene Geste. So wurde das Wort „iPhone“ lange aus den Gesten für „i“ und „Telefon“ zusammengesetzt. Nun gibt es dafür eine eigene Geste. Müller: „Es ist auch tatsächlich so, dass junge Menschen anders gebärden als alte. Wichtig für mich ist es deswegen immer, mit tauben Menschen in Kontakt zu bleiben, um auch neue und aktuelle Themen in Deutscher Gebärdensprache darstellen zu können.“ In Falkensee gibt es übrigens die Selbsthilfegruppe Kooba (Kommunikation ohne Barrieren).

Kontakt: Christina B. Müller, 14612 Falkensee, Telefon / Fax: 03322/4296772 und 0172/327 68 48


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