Im Havelland kennt wohl jeder jemanden, dem bereits ein Fahrrad gestohlen wurde. Allein vom Bahnhof in Falkensee gibt es fast täglich neue Meldungen, dass teure Räder im laufenden Betrieb geklaut wurden: Schlösser scheinen für die Diebesbanden kein Problem zu sein. Der ZIV e.V. (Zweirad-Industrie-Verband e.V.) informierte jüngst: Das Fahrrad feierte im Jahr 2017 sein 200-jähriges Jubiläum.
Die Fahrradindustrie konnte in 2017 geschätzt 5,4 Milliarden Gesamtumsatz verbuchen (für Räder/Zubehör/Ersatzteile etc.). Der Absatz an Rädern lag 2017 bei 3,85 Millionen Exemplaren bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 698 Euro pro Rad. Der Fahrradbestand ist nach Schätzung des ZIV in 2017 auf rund 70 Millionen Einheiten gestiegen.
Dem stehen die Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) von 2017 gegenüber. So wurden 2017 300.006 Fahrrad-Diebstähle erfasst, davon 12.243 Stück allein nur in Brandenburg.
Viola Synnatzschke von der Polizeiinspektion Havelland, Sachgebiet Prävention: „Fahrräder, die bei einem Einbruch – also aus dem Garten, aus dem Schuppen, aus dem Keller – gestohlen wurden, zählen hier nicht mit, da sie in der Einbruchsstatistik erfasst werden. Somit ist die Gesamtzahl der gestohlenen Fahrräder noch viel höher anzusetzen. Zumal viele Diebstähle einfach hingenommen und der Polizei gar nicht mehr gemeldet werden.“
Um das eigene Fahrrad vor Diebstahl zu sichern, gibt es mehrere Möglichkeiten. So kann man es auf dem eigenen Grundstück etwa so abstellen, dass es von der Straße her nicht gesehen werden kann. Ein abschließbarer Schuppen oder Keller ist ebenfalls ein guter Ort, um das teure Fahrrad zu verwahren, wenn es gerade nicht benötigt wird. Und man könnte das Rad nicht unbedingt an exponierten Plätzen wie eben am Bahnhof abstellen, die das erklärte Ziel von Diebesbanden sind.
Viola Synnatzschke: „Einfache Schlösser lassen sich mit einem Bolzenschneider in Sekunden durchtrennen. Es gibt teure Bügelschlösser, die sind so dick und schwer, dass ein Bolzenschneider nicht greifen kann. Wichtig ist es aber auch, das Schloss richtig zu bedienen. So sollte immer der Rahmen selbst an eine Laterne oder einen Fahrradständer angeschlossen werden und nicht das Rad, was im Zweifelsfall schnell ausgebaut ist. An den Bahnhöfen beobachten wir übrigens nicht nur Bandenaktivitäten, sondern auch einen Beschaffungsdiebstahl. Das schließt den Gelegenheitsdieb mit ein, der das gestohlene Fahrrad in schnelles Geld verwandeln möchte. Und den betrunkenen Partygast, der nicht mehr Auto fahren kann und mit einem entwendeten Rad von A nach B fahren möchte – um es am Ziel angekommen einfach in die Böschung zu werfen.“
Präventionsmaßnahme Fahrrad-Diebstahl: Die Codierung!
Die Polizei bietet eine ganz eigene Präventionsmaßnahme an, um dem Fahrraddiebstahl entgegenzuwirken – die Codierung. Das Prinzip basiert auf einem von der Polizei in Bergisch-Gladbach entwickelten und von der Polizei in Friedberg (Hessen) perfektionierten Codierungsverfahren.
Dabei kommt ein Nadelcodiergerät zum Einsatz, das einen Buchstaben- und Zahlencode in den Rahmen des Fahrrads einhämmert, sodass es nicht mehr möglich ist, diesen Code wieder zu entfernen. Jeder Code ist dabei absolut individuell. Er besteht aus dem Autokennzeichen und dem Gemeindecode des Ortes, in dem der Eigentümer wohnt. Hinzu kommt eine aus mehreren Ziffern bestehende Codierung für die eigene Straße, die Hausnummer, die Initialen des Eigentümernamens und die Jahreszahl. Ein bunter Aufkleber, der am Ende über die Codierung geklebt wird, macht schon von weitem auf das Vorhandensein des Codes aufmerksam.
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Viola Synnatzschke: „Seinen ganz persönlichen Code kann jeder auf der Homepage des ADFC (www.fa-technik.adfc.de/code/ein) selbst in Erfahrung bringen. Wir verwenden bei der Polizei aber ein eigenes System, um sicherzustellen, dass auch wirklich keine persönlichen Daten gespeichert werden. Es gibt demnach kein globales Verzeichnis. Jeder kann aber den Code ‚lesen‘ und somit die verschlüsselte Information wieder sichtbar machen.“
Ein Fahrrad-Code macht das eigene Rad sicherer: „Bei uns bei der Havelländer Polizei wurde bislang noch kein einziges Fahrrad als gestohlen gemeldet, das zuvor codiert wurde. Kein Hehler möchte so ein Rad annehmen. Es wäre einfach zu aufwändig, den in den Rahmen eingestanzten Code wieder auszufräsen. Generell ist es doch so: Wenn ich etwa am Bahnhof schon die Auswahl aus so vielen Fahrrädern habe, dann nehme ich doch lieber ein uncodiertes. Denn wenn ein Dieb mit einem codierten Rad erwischt wird, dann dürfte es ihm sehr schwer fallen, sich aus dieser Geschichte wieder herauszureden.“
Eine Codierung des Rads durch die Polizei erfolgt kostenfrei. Entsprechende Vor-Ort-Termine sind der Tagespresse zu entnehmen, sie finden regelmäßig im Havelland statt. Wer einen solchen Termin wahrnehmen möchte, braucht neben dem eigenen Rad auch einen Eigentumsnachweis und einen Identitätsnachweis.
Viola Synnatzschke: „Gerade bei den teuren E-Bikes ist eine Fahrradcodierung besonders wichtig. Aufgrund der hohen Anschaffungskosten ist das Diebstahlrisiko hier sehr hoch. Der Neuwert ist oft in der Hausratversicherung nicht mitversichert, da er die vereinbarten Höchstbeiträge schnell übersteigt. Wichtig: Erste Versicherer geben bei der Fahrradversicherung bereits einen Rabatt, wenn das zu versichernde Rad codiert ist.“
Was passiert eigentlich, wenn ein codiertes Fahrrad verkauft wird und einen neuen Besitzer findet? In diesem Fall sollte unbedingt ein Kaufvertrag aufgesetzt werden, in dem die Codierung vermerkt ist. Wer möchte, kann sein Rad anschließend auch ein zweites Mal codieren lassen – dann natürlich mit dem eigenen Code.
Nicht nur Räder lassen sich codieren, sondern auch Baumaschinen und Bootsmotoren!
Die präventive Maßnahme zur Eigentumssicherung über einen Code lässt sich übrigens nicht nur bei einem Fahrrad anwenden. Viola Synnatzschke: „Das Ziel der Diebe sind immer wieder auch die Baustellen. Es werden Bauwägen aufgebrochen, um teure Baugeräte zu stehlen. Ein Problem hierbei ist, dass das gleiche Zündschloss oft für die gesamte Produktionsreihe verwendet wird. Das bedeutet: Der gleiche Schlüssel kann bei allen baugleichen Maschinen eingesetzt werden. Die Maschinen weisen oft auch keine eindeutige Fahrzeug-Identifikationsnummer auf, sondern nur eine Serien- oder Motornummer. Sie wird oftmals nur in ein Blechschild eingeschlagen, was leicht zu erreichen und zu entfernen ist. Findet sich solch eine Maschine im sichergestellten Diebesgut, so ist es nicht möglich, den ursprünglichen Besitzer in Erfahrung zu bringen.“
Das Anbringen eines individuellen Codes macht demnach auch bei den Baumaschinen Sinn. Und nicht nur hier. Auch Bootsmotoren, Fahrradanhänger, Rasenmäher, hochwertige Leitern, Metallboote können mit dem Nadelcodiergerät dauerhaft markiert und auf diese Weise vor einem Diebstahl geschützt werden.
Gerade im Havelland sinnvoll: Reitsattel codieren!
Das Havelland ist ein Pferdeland. Auf vielen Pferdehöfen sind nicht nur die Tiere untergebracht. Viele Reiter lassen hier auch ihre ledernen Sättel zurück. Auch hier geht es um hohe Werte.
Viola Synnatzschke: „Ein Reitsattel passt nicht zwingend unter jedes Hinterteil. Das exklusive Hobby des Reitsports führt deswegen oft dazu, dass ein guter Reiter auch seinen ganz eigenen Sattel besitzt. Hinzu kommt, dass jede Reitdisziplin nach einem anderen Sattel verlangt. Reiter machen also einen Unterschied zwischen einem Dressur-, einem Spring- oder einem Arbeitssattel. Für einen guten Sattel vom Sattler zahlt man wenigstens 500 Euro, nach oben hin gibt es finanziell gesehen keine Grenze. Um einem Diebstahl vorzubeugen, sollten Reiter deswegen auch ihren Sattel codieren lassen.“
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Hier kommt allerdings ein Brennstempel zum Einsatz, um den analog wie beim Fahrrad zusammengesetzten Code ins Leder zu bringen. Der Code wird in der Regel auf das Sattelblatt aufgebracht. Da sich der Code tief in das Leder einbrennt, ist es auch hier für einen Dieb nicht möglich, den Code zu entfernen, ohne dass dabei der Sattel signifikant Schaden nimmt.
Auf den ersten Blick nicht zu sehen: Künstliche DNA!
Wie kennzeichnet man Schmuck, teure Technik oder andere private Wertgegenstände, denen man nicht mit einem Brandeisen oder einem Stanzgerät auf die Pelle rücken möchte?
Hier lohnt es sich, mit „künstlicher DNA“ zu arbeiten. Dabei handelt es sich um eine durchsichtige Markierungsflüssigkeit, die aus künstlich hergestellter DNA besteht. Jede Flüssigkeitscharge weist einen nur einmal vorhandenen Code auf. Dieser DNA-Code lässt sich im Labor nach dem gleichen Verfahren „auslesen“ wie echte DNA. Somit sind die dabei gewonnenen Erkenntnisse sogar gerichtsverwertbar.
Zusätzlich gibt es in der Flüssigkeit Mikropartikel, die an mikroskopisch kleine Kunststoffplättchen erinnern. Auf diesen Partikeln ist ein einmaliger Zahlencode zu finden, der mit Hilfe eines Mikroskops ausgelesen werden kann. Auf diese Weise kann der eigentliche Besitzer eines gestohlenen Gegenstands leicht ausfindig gemacht werden. Dazu ist allerdings die persönliche Registrierung in der Kundendatenbank des Herstellers nötig.
Viola Synnatzschke: „Entsprechende Aufkleber im Haus oder im Büro weisen präventiv auf das Vorhandensein des DNA-Schutzes hin.“ (Text/Fotos: CS)
Das Sachgebiet Prävention der Polizeiinspektion Havelland ist in der Schützenstraße 13, 14641 Nauen, Tel. 03321-400-1088 erreichbar. Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Webseite www.polizei-beratung.de. Anzeigen, Hinweise sowie Meldungen etc. können auch unter www.polizei.brandenburg.de online abgegeben werden.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
der Wunsch nach einem sicheren Leben ist ein zentrales menschliches Bedürfnis. Ich bin davon überzeugt, dass sich Prävention auf Dauer für die Gemeinschaft auszahlt.
Als Leiter der Polizeiinspektion Havelland freue ich mich sehr über die Chance, die verschiedenen Tätigkeitsfelder unserer polizeipräventiven Maßnahmen im Rahmen einer neuen Artikelserie in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ umfassend darzustellen.
Die Berichte in dieser Ausgabe und in den folgenden Magazinen sollen Sie informieren und so zur Erhöhung Ihrer Sicherheit beitragen.
Lutz Gündel, Polizeidirektor, Leiter der Polizeiinspektion Havelland
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 157 (4/2019).
Der Beitrag Die Präventionsseiten der Polizei: Folge 2 – Fahrräder codieren lassen! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.