Sie schlichtet, vermittelt und glättet damit die Wogen: Seit mittlerweile 15 Jahren ist Martina Gebhardt Schiedsfrau in der Gemeinde Brieselang. Nachdem sie zuletzt die Havelländische Ehrenamtsmedaille erhalten hat, ist ihr unermüdlicher Einsatz nun auch vom Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (Bezirksvereinigung Potsdam) mit dder Verdienstmedaille in Bronze gewürdigt worden.
Kein Wunder, sie ist schließlich immer dann zur Stelle, sobald es eskaliert und es offenbar keinen Ausweg mehr bei Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt. Ihr persönliches Engagement schätzen viele, obgleich es auch für sie zuweilen mit Anstrengungen verbunden ist.
Es gibt unzählig viele Gründe, warum Menschen aneinandergeraten können. Martina Gebhardt hat in der Vergangenheit schon viel erlebt. Zwistigkeiten unter Nachbarn haben manchmal Hochkonjunktur – insbesondere in der Sommerzeit. Gestritten wird wegen der Lautstärke, aufgrund von Tieren oder Natureinflüssen. Wenn alles wächst und gedeiht, zuweilen auch über den Gartenzaun hinaus, dann ist ihre Expertise gefragt. In zahlreichen Fällen hat sie Probleme schon schlichten müssen. „Ich lerne sehr viele interessante Menschen kennen, die unterschiedliche Positionen und Einstellungen haben. Und die prallen halt manchmal aufeinander. Hecken sind das große Problem“, erzählt die Diplom-Betriebswirtin Gebhardt. Sie wachsen entweder zu dicht, zu hoch oder wie erwähnt über den Zaun hinaus oder in selbigen hinein. Letzteres sorgt vor allem für Ärger, wenn beispielsweise Folgeschäden für Betroffene drohen.
Müssen oder sollen die Hecken nun beschnitten werden? Auf solche Fragen versucht sie Antworten erst einzeln und später, sofern notwendig, auf Einladung beider Parteien im Dialog mit den Streithähnen im Bürgermeisterbesprechungsraum zu geben oder zu vermitteln, so dass festgefahrene Meinungen bestenfalls überdacht werden. Ist das nicht der Fall, ist die nächste Stufe erreicht. Doch mit konkreten juristischen Auseinandersetzungen hat sie dann weniger zu tun. Anwälte sind dann gefragt. Aber der Reihe nach.
In manchen Jahren ist es relativ ruhig. Vier Fälle sind es manchmal nur, die sie betreut. Mit bis zu 15 Fälle pro Jahr hatte sie aber auch schon mehrfach zu tun gehabt. „Das ist unterschiedlich. Meistens helfe ich aber bei sogenannten Tür- und Angelfällen, die eigentlich keine Fälle sind. Ich erhalte einen Anruf und lasse mir das Problem schildern. Das Zuhören kann schon Stunden dauern. Dann gebe ich meine Einschätzung ab, ob ein Antrag auf Schiedsverfahrenseröffnung gestellt werden kann oder nicht. Oft reicht es aber, ein Gespräch zu führen. Eine Lösung des Problems bleibt immer das Ziel“, betont Gebhardt, die stets einen freundlichen Umgangston wählt und auch wählen muss, um verworrene Situation aufzubrechen. Sie sorgt gewissermaßen dafür, dass Gerichte nicht unnötig be- und stattdessen entlastet werden.
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Wenn ein Antrag gestellt wird, startet indes die Maschinerie. Der Antragsgegner erhält eine Einladung per freundlichem Schreiben in einem bestimmten Ton, ein Termin muss gefunden werden und dann können in ihrem Beisein, vielfach auch unter Beteiligung von Anwälten, schon mal die Fetzen fliegen. Ein Protokoll wird schließlich angefertigt und von den Beteiligten unterschrieben. „Es ist gerichtsfest und nicht mehr kündbar“, sagte sie. „Sollte es bei einem Gespräch keine Einigung geben, erhält der Antragssteller eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Dann kann der Streit vor Gericht ausgetragen werden“, so Gebhardt weiter, die ihr Amt mit Leidenschaft ausfüllt.
Ihr Klientel reicht übrigens von A bis Z. Grundsätzlich kann die erfahrene Schiedsfrau stets beide Seiten verstehen, zumal sie sich gut in Menschen hineinversetzen kann. „Meistens hat jeder ein Stück weit recht. Wichtig ist es, den Mittelweg zu finden. Das ist eine Grundvoraussetzung dafür, um lösungsorientiert arbeiten zu können.“ Apropos. Deshalb besucht Gebhardt auch Seminare. Sie bildet sich weiter. Das Verhalten, das Auftreten, der Sprachgebrauch, die Mediation – die Palette ist lang.
Manches geht aber auch ihr an die Substanz. Sie muss zuweilen ausblenden, was alles an Vorwürfen zur Sprache gelangt. Selbst von schlimmsten Unterstellungen wie Kindesmissbrauch hört sie, „ob es stimmt oder nicht“, obgleich der Zoff auf ganz lapidarer Ebene angefangen hat. „Es gibt Feindschaften, die sich seit Jahrzehnten generationsübergreifend fortsetzen. Sie werden sozusagen vererbt. Den Ursprungstreit kennen viele nicht einmal mehr. Manche haben das Hobby, sich mit den Nachbarn anzulegen. Überhaupt ist die Toleranzschwelle tief gesunken.“
Dennoch wird sie nicht müde, das Schiedsamt auch in kommender Zeit weiter auszuüben. Eine Amtszeit nach Bestellung durch die Gemeinde dauert übrigens fünf Jahre lang an. Martina Gebhardt will weiter gerne weiter „Schlichten statt richten“, so das Motto, um den Rechtsfrieden zu wahren. Ein neuer Fall steht schließlich bevor. (Fotos/Text: Gemeinde Brieselang/Rachner)
Kontakt zur Schiedsstelle:
Martina Gebhardt, 033232/41655
Der Beitrag „Die Toleranzschwelle ist tief gesunken“ – Martina Gebhardt ist seit 15 Jahren Schiedsfrau in der Gemeinde Brieselang erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.